Nachgefragt! Das Interview mit den Standesbeamten

Herr Schäffner und Frau Lauer vom Standesamt in Völklingen standen unserer Redaktion Rede und Antwort

Standesbeamte Völklingen

Im Rahmen unserer Interviewreihe Nachgefragt! spricht unsere Redaktion mit Menschen, die sich dem Thema Heiraten professionell widmen.

Das erste Interview führte uns zum Standesamt in Völklingen. Herr Schäffner, der Leiter des Standesamts, und die Standesbeamtin Frau Lauer gingen im Interview ausführlich auf die Fragen ein, die wir den Standesbeamten in Völklingen schon immer stellen wollten.

Heiraten im Saarland (HIS):

In Völklingen leben Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen zusammen – fast wie in einer Großstadt. Wie wirkt sich das auf Ihre Trauungen aus?

Herr Schäffner:

Dank der heterogenen Bevölkerungsstruktur kommen wir Standesbeamten tagtäglich mit den unterschiedlichsten Kulturen und Bräuchen in Kontakt. Wir hatten hier schon Brautpaare mit Flamenco-Tänzern und Bräute in niederländischer Tracht. Ein Paar hat bei uns sogar im rituellen Schmuck der Navajo-Indianer geheiratet. Die Bandbreite ist wirklich groß und das ist auch wunderschön so.

Frau Lauer:

Wir hatten hier auch schon ein Brautpaar aus Bayern. Deren gesamte Hochzeitsgesellschaft kam in Tracht. Einen Bräutigam in Lederhosen hat man nicht jeden Tag vor sich sitzen. Die Leute sind in der Kleiderordnung absolut frei und wir gehen soweit es möglich ist auf die Wünsche des Brautpaars ein. Einmal kam sogar eine Gesellschaft, die komplett im Stil der 20er Jahre gekleidet war. Das war perfekt organisiert. Sogar das Brautauto war ein passender Oldtimer. Die Mutter des Bräutigams trug mit ihren über 90 Jahren die Hochzeitsringe in einem Charleston-Kleid nach vorne. Das ist dann auch für uns Standesbeamte ein besonderes Erlebnis.

HIS:

Da wäre man gerne der Hochzeitsfotograf gewesen. Die Bilder vergisst man vermutlich nicht so schnell. Kommen Motto-Hochzeiten häufig vor?

Herr Schäffner:

Motto-Hochzeiten sind ein großes Thema. Ich hatte einmal Gothic-Fans zur Trauung hier. Die ganze Hochzeitsgesellschaft kam in der entsprechenden Kleidung. Das ist außergewöhnlich. Daran erinnert man sich und es macht unseren Arbeitsalltag besonders. Grundsätzlich ermutigen wir die Brautpaare dazu, sich an ihrem schönsten Tag einzubringen und die Trauung entsprechend mit zu gestalten. Wir als Standesbeamte haben gewisse Pflichten, was unser Äußeres angeht, aber das Brautpaar hat bei uns viele Freiheiten. Uns ist wichtig, dass sich Braut und Bräutigam bei uns wohl fühlen. Die Kunst liegt darin, in die Trauungen so viel Individualität einfließen zu lassen, wie es das Recht erlaubt und zugleich das Brautpaar aufgrund seines kulturellen Hintergrunds erwartet.

HIS:

Spielen besondere Hochzeits-Locations in dem Zusammenhang auch eine Rolle?

Herr Schäffner:

Wir haben eine ganze Reihe von traumhaften Locations, wo wir gerne trauen. Es gab schon Paare, die aus München, Paris und Haifa zu uns kamen, um in der großen Gebläsehalle der Völklinger Hütte getraut zu werden.

In Völklingen in diesem besonderen Ambiente zu trauen, ist etwas, das uns Standesbeamte erfreut und richtig Spaß macht. Da stimmt alles. Das Ambiente und auch die Gastronomie im Umfeld passen. In Sachen Beleuchtung und Dekoration kann man da richtig viel machen. Leider steht uns diese Location im Moment nicht mehr zur Verfügung. Aber vielleicht ändert sich das auch wieder.

Zurzeit trauen wir in den Jugendstilräumen im alten Rathaus in Völklingen und seit kurzem auch im Alten Jagdschloss in Karlsbrunn. Dieses wird gerade aufwändig renoviert und auch Gastronomie wird sich hier ansiedeln. Das ist eine tolle Location für Hochzeiten.

Das historische Jagdschloss in Karlsbrunn ist eine Hochzeitslocation des Standesamtes in Völklingen | Fotos: Standesamt Völklingen

HIS:

Sie haben vermutlich schon tausende Trauungen vollzogen. Sind Sie heute noch vor einer Trauung nervös?

Herr Schäffner:

Nervös würde ich nicht sagen. Wir freuen uns auf die Trauungen. Wir kennen die Brautleute ja aus dem Vorgespräch und wissen, welche Individualisierungen sich das Paar wünscht. Die Paare freuen sich ebenfalls auf die Hochzeit und man blickt als Standesbeamter meistens in strahlende Gesichter. Die Hochzeit ist einfach ein toller Tag, zu dem die ganze Familie anreist. Auch die Hochzeitsgesellschaft freut sich darauf, den Standesbeamten zu sehen. Da ist man nicht nervös, man freut sich mit. Wir sind gerne Standesbeamte. Mit der Zeit bekommen sie auch die nötige Routine um mit Unvorhergesehenem entspannt umzugehen. Es kommt schon einmal vor, dass Bräutigam oder Braut so nervös sind, dass sie komplett neben sich stehen. Wir beruhigen das Brautpaar dann und holen es wieder runter.

HIS:

Gibt es denn keine Dinge, die Sie noch aus dem Konzept bringen können? Wenn zum Beispiel die Braut oder der Bräutigam nicht auftaucht?

Frau Lauer:

Dass einer der Beiden nicht auftaucht, ist mir noch nicht passiert. Es kommt schon hin und wieder vor, dass gar niemand auftaucht, weil das Paar es sich anders überlegt hat. Da wird manchmal einfach vergessen, den Termin abzusagen. Bei meinen bisherigen Trauungen haben auch weder Braut noch Bräutigam auf die Frage aller Fragen mit Nein geantwortet. Natürlich können bei einer Trauung außergewöhnliche Dinge passieren. Aber aus dem Konzept bringt mich das nicht.

HIS:

Wie eng ist eigentlich der Rahmen, den Ihnen der Gesetzgeber vorschreibt? Gibt es Blitztrauungen oder auch besonders lange Trau-Zeremonien?

Herr Schäffner:

Eine gültige Trauung bekommen Sie auch in 10 Minuten hin. Es gibt ein paar Dinge, die man als Standesbeamter fragen muss. Der Rest ist Gestaltungsspielraum. Ein normaler Trautermin dauert hier beim Standesamt Völklingen etwa eine Dreiviertelstunde. Die eigentliche Trauung dauert eine halbe Stunde und folgt einem gewissen Rahmen: Zuerst kommt die Traurede des Standesbeamten, dann schließt sich das Jawort an, der Ringtausch, der Brautkuss und schließlich wird die Niederschrift verlesen. Dem Brautpaar wird im Anschluss die Heiratsurkunde ausgehändigt und wir lassen dem Brautpaar Zeit zum Entgegennehmen der Gratulationen und zum Aufnehmen von Fotos mit der Familie.

HIS:

Wie sieht es mit musikalischer Gestaltung aus? Gibt’s da auch Möglichkeiten?

Herr Schäffner:

Im großen Trausaal haben wir einen Flügel stehen. Und auch sonst haben die Brautpaare an dieser Stelle große Freiheiten. Die Paare bringen Pianisten mit, Gitarrenspieler, Akkordeonspieler, Sänger, manchmal bringt die Hochzeitsgesellschaft sogar eine komplette Soundanlage mit.

Frau Lauer:

Das Brautpaar ist da absolut frei. Wichtig ist nur, dass sie das vorab mit uns absprechen. Dann können wir Pausen für musikalische Einlagen einplanen. Auch zum Einzug des Brautpaars wird bei Trauungen immer wieder der Hochzeitsmarsch gespielt. Viele Paare wünschen sich die standesamtliche Trauung kirchenähnlich. Bis zu einem gewissen Maß können wir diesen Anspruch auch erfüllen. Wir trauen natürlich nicht kirchlich, aber der Brautvater kann zum Beispiel die Braut hereinführen, es können Brautjungfern dabei sein und die Musik spielt eine wichtige Rolle. Die Trauzeugen können auch etwas vortragen, wenn sie möchten. Soweit dies möglich ist, gehen wir auf die Wünsche des Brautpaares ein.

Herr Schäffner:

Wir sind da flexibel und lassen dem Brautpaar Freiraum zur Mitgestaltung. Wenn das Brautpaar das wünscht, kann man auch über eine individuelle Traurede des Standesbeamten sprechen. Da flechten wir gerne einen persönlichen Bezug mit ein. Das muss vom Umfang her natürlich immer noch in den zeitlichen und rechtlichen Rahmen passen.

HIS:

Haben Sie Menschen schon mehrfach getraut?

Herr Schäffner:

Klar.

Frau Lauer:

Die kennen uns oft schon und wollen entweder den gleichen Standesbeamten, weil Ihnen dessen Trauung so gut gefallen hat, oder ganz explizit einen anderen Standesbeamten, um sich von der vorhergegangenen Trauung zu distanzieren.

HIS:

Gibt es einen persönlichen Rekord?

Herr Schäffner:

Ich erinnere mich an ein Brautpaar, bei dem die Trauung für den Bräutigam bereits die fünfte  Eheschließung war und für die Braut die vierte. Das gibt’s schon. Manchmal treffen Sie auf Brautpaare, die schon im Sandkasten miteinander gespielt haben und sich nach einem Leben voller Irrungen und Wirrungen endlich gefunden haben. Da sind dann reichlich Freudentränen im Spiel.

HIS:

Haben Sie schon Ehen geschlossen, bei denen Sie dachten, dass die Ehe kein Jahr hält?

Frau Lauer:

Oh ja. Das kommt vor. Es gibt Brautpaare, die streiten sich sogar vor oder während der Trauung. Wenn dann beide beleidigt in andere Richtungen schauen, fragt man sich schon, wie lange die Ehe wohl halten mag.

Herr Schäffner:

Man erkennt schon beim Anstecken der Ringe, wie der Umgang zwischen dem frisch gebackenen Ehepaar ist. Manche gehen sehr zärtlich miteinander um, andere gehen schon fast grob miteinander um. Ich vergesse nie eine Trauung, bei der der Bräutigam der Braut fast mit Gewalt einen zu kleinen Ehering anstecken wollte. Grundsätzlich ist es auch immer problematisch, wenn die frisch Vermählten erst nach der Hochzeit zusammenziehen. Die kennen die Macken des Anderen noch gar nicht richtig. Da kommen schon mal kurz nach der Heirat Anfragen, ob man das Ganze nicht wieder annullieren könnte.

HIS:

Gibt es einen Ratschlag, den Sie Brautpaaren mit auf den Weg geben?

Frau Lauer:

In meinen Traureden erwähne ich gerne, dass es wichtig ist miteinander zu reden. Das ist heute, glaube ich, ein großes Problem, weil viele Paare nicht miteinander reden sondern nur nebeneinander her leben.

Herr Schäffner:

Ich ermutige die Brautpaare auch immer dazu eine gewisse Streitkultur zu entwickeln und zu lernen mit den Ecken und Kanten des Ehepartners umzugehen. In der Ehe ist nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Da ist es wichtig Krisen zu meistern und sich immer wieder zusammenzuraufen.

HIS:

Neue Medien und Filmen mit dem Smartphone ist bestimmt auch bei Ihren Trauungen ein Thema?

Frau Lauer:

Absolut! Wir hatten schon Liveschaltungen nach Georgien und Brasilien mit einer Webcam am Tablet, damit die dort lebenden Verwandten des Brautpaares live dabei sind.

Herr Schäffner:

Problematisch wird es nur dann, wenn 10 Angehörige mit der Handykamera durch den Raum laufen. Das bringt zu viel Unruhe. Deshalb bitten wir die Brautpaare darum, dass sich eine Person um die Fotos für alle Anwesenden kümmert.

HIS:

Was war im Rückblick die skurrilste Trauung, die Sie bisher erlebt haben?

Frau Lauer:

Die Asterix-Trauung?!

Herr Schäffner:

Das war schon was. Wir hatten eigentlich eine Trauung in der Gebläsehalle der Völklinger Hütte anberaumt, die aber aus Brandschutzgründen nicht verfügbar war. Also mussten wir in die Verdichterhalle ausweichen. Dort war aber gerade eine Asterix-Ausstellung.  Das Brautpaar und die Gesellschaft nahmen das Ganze sehr gelassen und mit Humor. Die Trauung fand dann tatsächlich in dem Gallischen Dorf der Ausstellung statt. Die Bilder waren natürlich der Knaller.

Frau Lauer:

Ich hatte auch einmal eine Trauung, bei der Trauzeuge und Bräutigam Polizisten waren. Der Trauzeuge sollte mir eigentlich die Trauringe auf das Tablett legen, das ich dem Brautpaar reiche. Ich warte also darauf, dass er mir die Ringe auf das Tablett legt und plötzlich wird das Ding richtig schwer. Erst dann habe ich gemerkt, dass mir der Trauzeuge Handschellen statt der Ringe auf das Tablett gelegt hat. Der Gag war gelungen. Das erlebt man nicht jeden Tag.

HIS:

Das glaube ich gerne. Ich bedanke mich ganz herzlich für dieses Interview.

Herr Schäffner, Frau Lauer:

Wir danken auch!

 

Das Interview führte Stefan Thönes.

 

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Über Stefan Thönes 94 Artikel
Als Chefredakteur von heiraten-saarland.de kümmere ich mich um Inhalte und Entwicklung "des" neuen Online-Hochzeitsmagazins im Saarland.

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